Ausgepresste Zitronen

Politik und Gesellschaft müssen schmerzlich erfahren, dass die Theorie der unsichtbaren Hand des Markts im Gesundheitswesen versagt. Leere Regale von Hustensaft bis zu überlebenswichtigen Krebsmedikamenten für Kinder. Die Ursachen sind so divers wie die spürbare Ratlosigkeit zur Ausgestaltung von Massnahmen. In der Zwischenzeit versucht das BAG mit den periodischen Preisüberprüfungen die Preise zu senken. Dabei ist nach den vorhergehenden Senkungsrunden die Zitrone ausgepresst. Die Versorgungssicherheit wird weiter geschwächt. Als Abhilfe wird bereits in Ausnahmefällen auf die Preissenkung verzichtet, dies wiederum ein Verstoss gegen die Gleichbehandlung. Dabei haben ca. 95 Prozent aller Produkte in der Spezialitätenliste Tagestherapiekosten von weniger als zwei Franken. Mit dem Auslandspreisvergleich wird versucht, den günstigsten Preis im Ausland aufzuspüren, um ihn sogleich in der Schweiz anzuwenden – in Zeiten der Inflation und Lieferengpässe sogar kontraproduktiv. Die restlichen fünf Prozent sind hochpreisige Arzneimittel, die immerhin 50 Prozent des gesamten Preisvolumens ausmachen.

Hier lohnt sich die Prüfung. Man sollte bedenken, dass die Schweiz als wichtiger Pharmastandort mit hoher Exportquote keinen Wettbewerb der Rappenspalterei führen sollte. Kann so die Produktion innovativer Arzneimittel weiterhin in der Schweiz gehalten werden? Das KVG-Kostendämpfungspaket 2 steht im Parlament zur Diskussion. Ein Verzicht auf die aufwendige dritte Preissenkungsrunde bei den tiefpreisigen 95 Prozent der Arzneimittel setzt ein Signal. Damit es tatsächlich zu echten Kosteneinsparungen kommt, sind innovative Lösungen gefragt, die zugleich die Versorgungssicherheit garantieren und einen fairen Wettbewerb fördern.

Herbert Schwabl

Präsident SVKH