Medizinische Vielfalt in der Ära der Künstlichen Intelligenz: Gefahr des Vergessens?

Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert unseren Alltag und macht auch vor der Medizin keinen Halt. Durch die Analyse riesiger Datenmengen ermöglicht KI präzisere Diagnosen und personalisierte Therapien. Doch diese datengetriebene Entwicklung birgt Risiken: Was passiert mit weniger verbreiteten, regionalen oder kulturell geprägten Ansätzen? Besteht die Gefahr, dass medizinische Vielfalt zugunsten einer vereinheitlichten «Mainstream-Medizin» verschwindet? Stellen wir uns eine KI-gestützte Plattform vor, die nicht nur gängige Behandlungen, sondern ebenfalls traditionelle und spezialisierte Therapien aus unterschiedlichen Regionen der Welt vergleicht und auf Basis der individuellen Bedürfnisse des Patienten die bestmögliche Option empfiehlt. Seltene oder traditionelle Heilmethoden, die sich oft nicht in gängige wissenschaftliche Standards einfügen, werden in globalen Datenbanken leicht unsichtbar. Nicht, weil sie unwirksam sind, sondern weil sie in der datengetriebenen Logik keinen Platz finden. Die Stärke der KI – Mustererkennung in grossen Datenmengen – ist auch ihre Schwäche: Ohne gezielte Integration von Nischendaten ignoriert sie wertvolle Verfahren. Der wahre Konflikt ist derjenige zwischen Effizienz und Vielfalt. Eine Medizin, die sich auf globale Standards und dominante Ansätze stützt, riskiert, spezialisierte Verfahren und traditionelle Heilmethoden zu verdrängen. Fortschritt ohne Vielfalt ist ein Rückschritt. Vielfalt ist nicht verhandelbar – weder für die Patienten von heute noch für die Wissenschaft von morgen. Es gilt, das Erfolgsmodell der menschlichen Intelligenz mit den Vorteilen der neuen Technologie zu verknüpfen, um wahren Fortschritt für die Gesellschaft zu generieren.

Andreas Eyholzer, SVKH